Wie sah Deine Ausbildung aus?
Der Einstieg in den Beruf der Pflege wurde mir durch einen 8-wöchigen Schulblock ziemlich leicht gemacht. In dieser Zeit konnte ich grundlegende Begriffe aus der Medizin kennenlernen und habe bereits erste Freundschaften geknüpft, die mich während der gesamten Ausbildung und danach begleiteten. Nach dem ersten Schulblock ging es dann sofort in die Praxis über, und ich war von Anfang an in allen Tätigkeiten auf der Station integriert. Natürlich überforderten mich die vielen Eindrücke auf einer internistischen Station. Meine neuen Arbeitskolleg:innen waren jedoch sehr gut darin, neue Auszubildende aufzufangen und gaben mir die Zeit, die ich benötigte. Außerdem gab es eine hausinterne Praxisanleiterin, die mich über die 3 Jahre hinweg in mehreren Diensten begleitet hat. Diese Dienste waren deshalb von großer Bedeutung, da man sich unabhängig vom Arbeitsaufkommen auf der Station um die Patient:innen kümmern konnte. Das erste Halbjahr war dennoch sehr kräftezehrend, weil viel theoretischer Inhalt gefordert wurde und man in dieser Zeit mehrere Stationen durchlaufen hat.
Was bereitet Dir an Deinem Beruf am meisten Spaß?
Derzeit arbeite ich auf einer Station für Menschen mit chronischen Schmerzen. Das Konzept der Klinik beruht auf der manuellen Therapie und ist ganz anders als das, was ich bisher kennengelernt habe. Im Vordergrund dieser Klinik stehen vor allem die Interaktionen mit den Patient:innen und die interdisziplinären Teamsitzungen. Das Ziel liegt darin, gemeinsam mit dem/der Patient:in einen Weg aus der chronischen Schmerzsituation zu finden. Somit dient es als Grundlage für eine eigenverantwortliche Umsetzung des Therapieziels und soll den Patient:innen auch über den Krankenhausaufenthalt hinaus dazu befähigen, die Kontrolle über die Erkrankung zu behalten oder wieder zu erlangen. Am meisten beeindruckt mich dabei, wie sehr Patient:innen von den Beratungsgesprächen profitieren und sie mithilfe von uns ihren ganz individuellen Weg zurück in den Alltag finden. Durch mein erworbenes Fachwissen liegt mir viel daran, Menschen dabei zu helfen, ihre Gesundheit zu erhalten.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei Dir aus und wie lange arbeitest Du?
Der typische Frühdienst startet um 6 Uhr morgens und beginnt in der Regel mit einer großen Tasse Kaffee. Danach werden die Medikamente der Patient:innen kontrolliert und ausgeteilt. Durch die geplanten Neuaufnahmen ist die Station zeitlich sehr gut strukturiert und es ist ausreichend Zeit für Patient:innen vorhanden, die bei der Grundpflege Hilfestellung benötigen. Bei den Neuaufnahmen geht es vor allem im ersten Moment darum, mit pflegerischer Expertise die Situation mithilfe eines Aufnahmegesprächs zu erfassen. Dabei wird nach pflegerelevanten Informationen gefragt, wie zum Beispiel der Pflegegrad, Beeinträchtigungen in der Mobilität, die Hausmedikation oder Nebenerkrankungen. Zudem liegt meine Aufgabe darin, die Patient:innen in stationsrelevante Prozesse einzuführen und meine Expertise in den interdisziplinären Besprechungen einzubringen. Da ich einen chirurgischen Hintergrund habe, sind meine Lieblingstätigkeiten das morgendliche Blutabnehmen und das Anlegen von Blutegeln sowie von Verbänden. Somit sind meine Tätigkeiten sehr vielfältig, und der Dienst ist nach 7,5 Stunden schnell beendet.
Welche typischen Interaktionen spielen sich bei Deiner täglichen Arbeit ab?
Viele meiner Patient:innen leiden zum Großteil ihres Alltags an ständigen Schmerzen. Durch Gespräche mit ihnen können mögliche Gründe besprochen und oft auch eine Lösung gefunden werden. Außerdem stehe ich im ständigen Kontakt zu Ärzt:innen und bin als Vermittlerin zwischen Patient:in und Ärzt:in in einer sehr wichtigen Funktion. Die täglichen Gespräche mit den verschiedenen Fachpersonen ermöglichen außerdem ein ganzheitliches Bild des/der Patient:in.
Wie erfährst Du Wertschätzung am Arbeitsplatz?
Wertschätzung erfahre ich in meinem Arbeitsalltag täglich. Es gibt mir nicht nur ein gutes Gefühl, sondern hilft mir, in schwierigen Situationen die Geduld zu bewahren. Oftmals sind es Kleinigkeiten, die man für einen Patient:innen getan und die größte Dankbarkeit dafür erfahren hat. Natürlich freut man sich über jede Packung Süßigkeiten, die man erhält, aber über eine Karte mit einigen schönen Worten freue ich mich umso mehr. Auch von meinen Arbeitskolleg:innen und von Ärzt:innen erfahre ich viel Wertschätzung. Zuvor musste ich leider oft die Erfahrung machen, dass meine pflegerische Meinung auf wenig Interesse gestoßen ist. In den Jahren konnte ich mein Selbstbewusstsein ausbauen und möchte somit die Pflege viel mehr in wichtige Entscheidungen einfließen lassen. Dies hat vor allem die Wertschätzung zwischen dem ärztlichen Team und der Pflege gesteigert.
Wie gestaltest Du Deine Freizeit?
Ich habe das Glück, nur ein Wochenende im Monat arbeiten zu müssen, daher bin ich in meiner Freizeitgestaltung recht frei. An die Früh- und Spätdienste (6-13:30 Uhr & 13-20:30) kann ich mich zeitlich eigentlich sehr gut anpassen, da davor oder danach noch genügend Zeit für den Haushalt oder die Freizeitgestaltung bleibt. Aber auch an einem Dienstwochenende kann ich nach Absprache mit meinen Kolleg:innen im Idealfall einen Früh- und Spätdienst machen, sodass genügend Puffer zum Auskurieren nach einer Party bleibt.
Was wünschst Du Dir für Deinen Beruf?
Ich wünsche mir, dass sich mehr junge und engagierte Menschen für diesen tollen Beruf entscheiden. Die Zusammenarbeit im Team macht auch negative Situationen erträglich und sorgt für eine ganz andere Verbundenheit als in anderen Berufen. Eine höhere Flexibilität seitens der Krankenhäuser und ihrer Dienstzeiten würde ein angenehmeres Arbeiten garantieren und den Beruf deutlich attraktiver machen. Außerdem lege ich viel Wert darauf, das Image der Pflege zu verbessern und erhoffe mir mehr Aufmerksamkeit für diesen Beruf in der Gesellschaft. Die Pflege sollte aus ihrer defensiven Position herauskommen und endlich mehr politisches Engagement zeigen.